"Wir sind eingeladen", empfing ich den Gatten und schwenkte den blassrosa Umschlag vor seiner Nase. Ich freute mich, meine Schulfreundin als uralten Zeiten wiederzusehen. Nach etlichen Jahren hatte es sie wieder in ihre Heimat verschlagen. Sie und ihr Mann hatten sich zahlreich vermehrt und luden uns zur Taufe von Nachwuchs Nr. 4 ein.
"Liebe Nina, lieber Frederic", las der Gatte laut vor, "wir möchten Euch zur Taufe unserer Jüngsten sehr herzlich einladen. Die Zeremonie findet am Sonntag, um 11.00 Uhr statt. Zur anschließenden Feier bitten wir Euch auf unsere Deele. Wir freuen uns sehr, diesen festlichen Tag gemeinsam mit unseren lieben Freunden zu feiern und hoffen auf Euer Kommen.
Herzlichst Familie Ackermeier
"Vermutlich ein Mädchen", meinte der Gatte mit Blick auf den rosa Umschlag. Ich nickte. Wie lang war das jetzt her? Sina und ich hatten uns nach dem Abitur aus den Augen verloren. Auf der Abschlussfeier hatte sie ihren Herzenswunsch geäußert. Sie wollte Bäuerin werden mit vielen Kindern und Tieren auf einem großen Hof. Scheinbar war ihr Wunsch in Erfüllung gegangen. Zig Jahre waren vergangen, daher freute ich umso mehr auf das Wiedersehen. Ich überlegte. Sie war noch einmal recht spät Mutter geworden. "Ist eine prima Idee, Nina. Wir können etwas Abwechslung gut gebrauchen", meinte Frederic. Seit geraumer Zeit waren wir mit dringenden Sanierungsarbeiten und Umbaumaßnahmen rund ums Haus beschäftigt, die jede Menge Zeit in Anspruch nahmen. Freie "Stunden" mussten wir uns regelmäßig erzwingen. Nach dem Abendbrot blätterte ich in der Fernsehzeitung, als das Telefon klingelte.
"Hallo Nina, Lutz und ich hoffen sehr, dass Ihr unsere Einladung annehmt". "Sina, wir kommen gern" antwortete ich. "Wie geht es Eurem Kleinen? Alles o.k.?" "Ja, es ist eine "Sie". Sie wächst, blüht und gedeiht", lachte meine Freundin. Sie zögerte hörbar: "Würdest Du Patentante werden wollen?" "Wie seid Ihr denn auf mich gekommen?" Ich war ziemlich erstaunt. "Ganz einfach, wir finden Deinen Namen schön." Hmm, ich fühle mich geschmeichelt. "Ein sehr schönes Kompliment", dankte ich Sina und "Ja, darüber freue ich mich."
"Wo ist denn Euer jüngstes Familienmitglied?" blickte ich in die zahlreiche Runde von Verwandten und Freunden der Ackermeiers. "Ich möchte doch mein Patenkind kennenlernen!". "Bleib` Du bei unseren Gästen, Sina, ich komme gleich mit der Kleinen wieder", meinte Lutz und ging forsch, um das jüngste Familienmitglied vorzustellen. Vermutlich schlummerte die Kleine selig in ihrer Wiege. Gespannt schauten wir ihm hinterher. Keine fünf Minuten später gesellte sich der Hausherr wieder zu uns. Es wurde mit einem Mal still auf Ackermeiers blumengeschmückter und liebevoll dekorierter Deele. Sämtliche Gespräche verstummten, als Lutz Frieda aus ihrem Körbchen hob und stolz verkündete: "Darf ich vorstellen, das ist unsere Frieda ... besser gesagt Frieda Nina" mit einem lächelnden Blick auf mich. "Wir haben uns über ihre Geburt mächtig gefreut." Lutz straffte sich und strahlte über sein ganzes Gesicht: "Sie hat eine frische Farbe, ist weich, aber nicht labbrig ... Ich denke, sie ist mir äußerst gut gelungen, meine neue Züchtung ..." Frieda ist eine neu kreierte Kartoffelsorte und Bauer Ackermeiers (mit "hartem Ei") ganzer Stolz ...
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