Nur Fliegen ist schöner ...
Allmählich wurde ich unruhig und rutschte nervös von einer Po-Backe auf die andere. Mein Heimatbahnhof nahte. Ich wollte nur noch nach Hause, um den Rest des Abends beim kleinen Imbiss abzuschalten, bis es am nächsten Tag wieder `on Tour´ ging. Quer durch NRW innen Pott. Gerade noch ein paar Kilometer und ich hätte es geschafft. Endlich. Nach einem 14-Stunden-Tag. Diverse Fußmärsche, Bahnfahrten und Dienst-Ableistung inklusive. Unvermittelt ruckelte der ICE und stoppte kurz vor dem Ziel. Ein knapper Satz als Blitz-Info schrillte uns aus dem Lautsprecher entgegen. Die Qualität der Durchsagen ist grottig. Bei meinen vielen Dienst-Reisen quer durch Deutschland habe ich feststellen müssen, dass manche (wichtigen!) Ansagen einfach untergehen. Entweder wird zu schnell gesprochen, undeutlich oder die Ton-Qualität lässt zu wünschen übrig. Gar keine Informationen gibt´s dann auch noch ... Weil der Ton auch dieses Mal derart schlecht war, verstand ich im wahrsten Sinne `nur Bahnhof´ und reimte mir den Rest dank meiner Fantasie zusammen. Entweder es gab - wieder einmal - Technik-Probleme oder Personenschaden auf dem Gleis.
Die Minuten zogen sich wie zähflüssige Lava, während das Gemurmel der Um sitzenden lauter wurde und in regelrechte Diskussionen ausartete. Ich guckte mich um und sah nur in angespannte Mienen. Die meisten schauten auf ihre Uhr oder ihr Handy. Vermutlich überlegten sie genau wie ich, wie sie den nächsten Anschlusszug, Bus oder Bahn rechtzeitig erreichen konnten. Dabei beobachte ich einen jungen Burschen, Bahn-Bediensteter, der aufgescheucht hin und her lief. Die Minuten verrannten. Meinen entspannten Abend auf dem Söfchen vor´m TV konnte ich knicken. Er machte keinerlei Anstalten uns über den weiteren Ablauf aufzuklären. Ein ungeduldiger Fahrgast sprang auf und nahm die Situation in die Hand. Entschlossen heftete er sich an die Fersen des Bediensteten und fragte nach dem aktuellen Stand. "Bleiben wir hier jetzt stehen und wie kommen wir weiter?" "Jaaa ..." nickte dieser, fast ein wenig unsicher stotternd "wir fahren hier nicht weiter, Sie müssen andere Verbindungen nehmen, denn Schienen-Ersatz-Verkehr haben wir nicht eingerichtet." "Hallo?" Hätte er uns nicht sofort informieren müssen, als er davon erfuhr?! Höchstwahrscheinlich würde ich immer noch im Zug hocken, nur wenige Kilometer von daheim entfernt. Glücklicherweise hat ein Reisender die Initiative ergriffen und uns alle erlöst. Vielleicht war der junge, unwissende Angestellte auch nur von argen Halsschmerzen derart gebeutelt, die ihm das Sprechen zur Qual machten ...
Ein neuer Slogan der Bahn fiel mir bei einer nächtlichen Fahrt in der frühmorgendlichen Dämmerung auf. Zufällig traf ich eine liebe Kollegin in der Bahnhofshalle. Das allein war die Reise wert. Karina war eine Kollegin aus Ur-Zeiten aus einer anderen Abteilung. Da sie oftmals andere Präsenzzeiten als ich hatte, waren die gemeinsamen Fahrten Zufälle. Umso mehr freuten wir uns, denn uns ging der Gesprächsstoff nie aus. "Gucke mal da", tippte ich ihr leicht an den Oberarm und machte sie auf das große, rechtwinklige Banner über der Abteil-Tür aufmerksam:
Bahnreisen sind (k) ein Vergnügen! --- "Haben die nicht das `k´ vergessen?" ...
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