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Kissen für die Dame

Bevor ich mich setzte, schweiften meine Blicke über die Ränge. Das Stadttheater war an diesem Abend gut besucht, nur vereinzelte Plätze hinter mir waren noch leer. Der Gong läutete einmal, ein sicheres Zeichen, dass sich der Vorhang gleich erhob und das Spektakel losging. Ein Blick auf meine Armbanduhr ließ mich hoffen, dass die Akteure pünktlich begannen. Es gibt nur wenige Dinge, die ich mehr hasse als Unpünktlichkeit ... Mord und Ehebruch!

Gespannt blickte ich auf das Geschehen auf der Bühne. Heute Abend wurde der Spielplan der neuen Theatersaison mit verschiedenen Arien, kleinen Szenen und Tanzeinlagen vorgestellt. Eine Dame kräftigerer Bauart zwängte sich durch die enge Reihe, bis sie neben mir Platz nahm. Dabei  schnaufte sie erheblich. Unruhig rutschte sie etliche Male hin und her, ehe sie eine (endgültige) Sitzposition gefunden hatte. Das zog sich ... Endlich kam der Akt ins Rollen, sprich der Hauptakteur trat unter frenetischem Applaus auf die Bühne und gab das Programm bekannt. Der Chef des Hauses, der Intendant, war es nicht! ...Vermutlich war er verhindert - oder hatte wichtigere Aufgaben ... 

Wie gut, dass ich vier Augen habe: meine eigenen und die meiner Lesehilfe. Während ich das Geschehen auf der Bühne verfolgte, registrierte aus dem Augenwinkel hastige Bewegungen direkt neben mir. Jedenfalls geschahen noch Zeichen und Wunder: nach der ersten Arie und anschließender Tanzeinlage hatte die Besucherin neben mir endlich ihre Position gefunden. Ähnlich einer Brücke lehnte sie ihren Oberkörper weit nach vorn, um sich mit ihren Unterarmen auf der Eisenstange abstützen zu können. Diese diente als Handlauf und bildete den Abschluß eines stählernen Gitters, welches die Gäste dieser Reihe vor dem freien Fall ins Parkett schützen sollte. "Es fehlt ein Kissen für die Dame", kam mir spontan in den Sinn. Ich grinste in mich hinein. Zusätzlich hätte mein alter, langer Wollschal gute Dienste geleistet. Nächstes Mal nehme ich ihn mit und umwickle das Geländer damit. 

 

 

 

Bei der Betrachtung meiner Sitz-Nachbarin kam mir eine Szene in den Sinn, die sich immer wiederholte: Einige KundInnen verhielten sich in der Bäckerei genauso wie die Besucherin neben mir. Wie sehr sich die Haltung ähnelten! Sie lehnten sich mit ihrem ganzen Oberkörper nicht nur gegen die Glastheke, sondern reckten sich teilweise darüber hinaus und fuhren ihren Zeigefinger teleskopartig aus - damit konnten sie sich fast selbst bedienen - und machten mit ihrem (ungebührlichen) Verhalten die Service-Kräfte arbeitslos ... 

 

 

 


 

Kommentare

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