"Nina, komm` schnell, Überraschung!" Der Gatte zog mich aufgeregt in den Garten. "Ist das nicht toll?" Mit ausladender Gestik baute er sich vor dem neu angelegten Beet auf und sah mich Beifall heischend an. Ich betrachtete die neue Rabatte und konnte nicht wechseln. "Ein bisschen Phantasie braucht es noch. Wenn erst die Rosen ihre volle Pracht entfalten, wird es hier wie im Märchengarten", schwärmte er und strahlte mich an. Seine Begeisterung konnte ich (momentan) nicht wirklich teilen.
Der Gatte hatte seine Liebe zu Rosen entdeckt. Auch ich bin ein Rosen-Fan und die Lage des neuen Beetes war perfekt geeignet. Vom Wohnzimmer-Fenster konnten wir auf die ganze Pracht schauen, wenn sich die Rosen in voller Blüte zeigten. Mühsam versuchte ich mich zu beherrschen. Freddy hatte ganze Arbeit geleistet und jeden noch so kleinen Strauch bearbeitet. Selbst in den Bodendecker-Rosen steckten Rankhilfen. In jedem Strauch, davon hatte er gut acht gepflanzt, steckten drei Rankhilfen, jede mindestens 50 cm hoch. Acht mal drei ....
"Meinst Du nicht, dass es ein bisschen viele sind?" gab ich zu bedenken, während ich mir ein Grinsen nicht verkneifen konnte. Wohin ich auch sah - nur Rankhilfen! Mein Lachanfall kam nicht gut. Der Gatte war verstimmt. Als ich mich einigermaßen beruhigt hatte, wagte ich einen neuen Vorstoß: "Warum hast Du denn so viele Stäbe verteilt? Die Rosen in Parkanlagen haben überhaupt keine Rankhilfen". "Die Rosen in den Parks haben jede Menge Personal, die sie immer pflegen ("Du hast ja keine Ahnung", bedeutete sein Augenrollen) und vor dem Umknicken schützen". "Also hat jeder Strauch seinen eigenen Gärtner" resümierte ich, einen Aufschrei heftig unterdrückend. Er überhörte meinen Einwand und verteidigte sein Handeln: "Stell` Dir nur mal enorme Stürme vor". (Wir haben unseren Garten mit äußerst stabilen Holzelementen eingezäunt und sind zudem von den direkten Nachbargärten rechts und links gut geschützt ...) Dieser Argumentation konnte ich mich nicht verschließen. Sollte eines Tages ein Tornado durch unser Örtchen fegen und Freddys geliebte Rosenpracht in Schieflage bringen ... "Wenigstens hat Papa grüne Stäbe genommen, die fallen zwischen den wachsenden Sträuchern nicht so auf", kicherte unsere Tochter mit Blick auf das Beet. Wo sie Recht hat ...
Als die Rosen im Herbst verblüht waren, sah man nur dunkle, knorrige Äste und jede Menge Rankhilfen. Aus einer Albernheit heraus war der Begriff für das neue Beet geboren: ich nannte es nur noch unsere Raketen-Basis-Station ...
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