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In sicheren Händen

Zuweilen ist es sehr beruhigend zu wissen, wer bei einer Veranstaltung, welcher Art auch immer, neben einem sitzt. So geschehen, als meine Mutter und ich nach langer Zeit wieder einmal gemeinsam "auf der Piste" waren ... 

Erwartungsvoll setzte ich mich und harrte der Dinge, die auf mich zukommen sollten.  In der Hoffnung auf den gesamten Überblick hatten wir unsere Plätze mit Bedacht ausgeguckt. Das Halbrund der Sitzreihen war stufenförmig angeordnet. Wir wählten die dritte Reihe, direkt gegenüber der Bühne. Welches Event ich auch besuchte, mit der Platzwahl hatte ich fast immer Pech. Es schien nur Riesenmenschen zu geben. Und ausgerechnet diese setzten sich immer direkt vor mich, so dass ich immer in Schieflage rechts oder links an dem Riesen vorbeisehen musste, wollte ich das Geschehen auf der Bühne wenigstens einigermaßen verfolgen. Von anschließenden Kopf- und Nackenproblemen möchte ich gar nicht erst sprechen. 

Inzwischen füllte sich der Saal und die letzten freien Plätze wurden eingenommen. Wie eine große Welle schwappte die beträchtliche Geräuschkulisse über den großen Saal. Offensichtlich hatte man sich viel zu erzählen, alle Gäste waren in rege Unterhaltung mit ihren Nebensitzenden vertieft. Zeitweise schwoll die Lautstärke bedrohlich an, so dass ich meine Mutter kaum verstehen konnte. Langsam wurde ich ungeduldig. Wir saßen bereits eine halbe Stunde in Erwartungshaltung. Augenrollend sah ich meine alte Dame an und tippte auf meine Armbanduhr: ich hasse Unpünktlichkeit ! Einer meiner absoluten "nogos" -  neben Mord und Ehebruch !!! ... Sie nickte und grinste. Endlich senkte sich wohltuende Stille über den Saal und das Licht wurde gedimmt. Während das Orchester einzog, wurde rhythmisch applaudiert. Bis auf meinen direkten Nachbarn, ein großer Mann in den Fünfzigern im grauen Anzug mit weißem Leibchen darunter ließ sich nicht beirren. Er berieselte die neben ihm sitzende Frau. Die beiden schienen sich zufällig begegnet zu sein. Sein Redefluss kannte weder Punkt noch Komma geschweige denn eine Atempause. In Windeseile erzählte er ihr seinen Lebenslauf. Ich erfuhr, auf welchem Gymnasium unserer City er sein Abitur gebaut hatte und wo das Ereignis würdig gefeiert wurde. Dass er zu seinen ehemaligen MitschülerInnen keinen Kontakt mehr hatte, ließ er mich ebenfalls wissen. 

Meine Mutter hatte mich zu einer Operetten-Aufführung eingeladen. Warum nicht, sagte ich mir, zumal mir die Musik auch zusagte. Ausgerechnet an diesem Tag ging es uns beiden  nicht wiwrklich gut. Meine Mutter litt unter ihren nervlichen Unbilden und mir machten die für diese Jahreszeit ungewöhnlichen Temperaturen arg zu schaffen. Ich hatte Kreislauf.  Ein Gläschen Sekt in der Pause wird` s schon richten, tröstete ich mich und lenkte meine Konzentration auf das Geschehen auf den Schauplatz gegenüber, wo die Mimen, MusikerInnen und TänzerInnen alles gaben, um das gut gelaunte Publikum zu erfreuen. Plötzlich durchzuckte es mich ganz heiß. Die Worte meines Nachbarn waren nicht zu überhören. Sie prägten sich tief ein. Voll  Erleichterung, ja fast mit Elan verfolgte ich das schwungvolle Geschehen auf der gut dekorierten Bühne. Mit einem einzigen Satz machte er mich sehr glücklich. Ich schenkte ihm einen dankbaren Blick von der Seite. Dieser Mann war unsere Rettung. 

"Mama, wir brauchen uns keinerlei Gedanken mehr machen". Ernsthaft guckte ich sie an: "Ich  meine unseren momentanen Zustand. Wir haben ja meinen Nachbarn ..." In der Pause hatten wir uns ein Plätzchen an einem der Stehtische erkämpft und genossen ein Gläschen Sekt. "Sekt pusht den Kreislauf, damit können wir nichts verkehrt machen" zwinkerte Mama und prostete mir dabei zu.  Ich erzählte ihr von meinem redseligen Nachbarn. "und sollten wir das Event hier nicht bis zum Ende durchhalten ..." seufzte ich "Er ist bestimmt Arzt ?" vermutete sie. Ich schüttelte den Kopf. "... hm, lass` mich überlegen: Sani ... töter ? Die haben heutzutage auch umfassende Kenntnisse", überlegte sie angestrengt. Lachend verneinte ich. "dann eben Krankenbruder ... ?" Hinter ihrer Stirn arbeitete es gewaltig. Ihr Blick verriet pure Ahnungslosigkeit. "Ach Mama, viiiel einfacher" Ich genoß meinen letzten Schluck Sekt und sah die dringende Notwendigkeit, sie noch vor dem Beginn des letzten Aktes aufzuklären: "Mama, mein "Nachbar" arbeitet als Bestatter ..." Nach einer Schrecksekunde lachte sie spontan auf. Schlagartig fühlten wir uns besser ... 

 

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Humorvolles und Stilblüten

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Odyssee oder Affentheater?   Einer lieben Kollegin von mir tatsächlich passiert.  Kollegin X. hatte den wohlverdienten Ruhestand vor Augen. Endlich. Und um eventuellen Fragen beziehungsweise Bemerkungen vorzubeugen: Ja, auch vom Öffentlichen Dienst muss man sich erholen ...  Um ihre Anonymität zu wahren, nenne ich sie hier Kollegin X. Sie malte sich ihre neu gewonnene Freizeit in den herrlichsten Farbtönen aus und schwärmte von ihren künftigen Projekten, die sie wildentschlossen angehen wollte. So weit, so gut. Nur noch eine Kleinigkeit trennte sie von ihrer `Freiheit´. Da sie sich auch tageweise im homeoffice (dienstlich) in der Verwaltung beschäftigte, musste sie nur noch ihr technisches Equipment wie PC, Drucker, Rechner usw. zurückgeben. Weil ihr Dienstort ein paar hundert Kilometer entfernt lag und die Ausstattung sehr umfangreich und ultra-schwer war, musste sie jemanden finden, der ihre Geräte dorthin zurück brachte. Ein schwieriges Unterfangen, denn die meisten Kollegen (für di