Welch` ein Halloo nach langer Zeit ! Anlässlich eines Klassentreffens aus Grundschultagen saßen wir im eigens angemieteten Jagdzimmer des Hotels bei Wild und Geflügel zusammen. Während der heiteren Unterhaltung ließ auch die "Inquisition" nicht lange auf sich warten. Die wichtigste aller Fragen lautete: "Habt Ihr Nachwuchs ? Wenn ja, wie viele ?" Dieses Verhalten kannte ich nur zu gut aus den Zusammenkünften unseres Freundeskreises. Alle Paare hatten sich bereits vervielfacht oder befanden sich in freudiger Erwartung. Beim Gatten und mir standen Karriere und Hausbau für die künftige Familie an erster Stelle. Sofort nach der Begrüßung wurden etliche Schnappschüsse vom Nachwuchs herumgereicht. Angeregt tauschte man sich über Babys und Erziehungsfragen aus. Ich saß stumm daneben. Die Männer unterhielten sich über Berufsziele, Computer und Autos. Von allen Seiten schallte es mir um die Ohren: "Ach, wie süß" "wie entzückend" " ganz reizend" "sind das alles Deine ? Das hätte ich Dir gar nicht zugetraut" und so weiter ... Meine ehemalige Klasse hatte sich zahlreich vermehrt. Die vornehme Gabriela, damals ehrgeizig bis über die Haarspitzen, schlank, sportlich und immer Top gekleidet, outete sich - jetzt erheblich propper - als vierfache Mutter. Oder Lotta, hochschwanger mit Zwillingen. Sie hatte ihren Traum vom Leben auf dem Land verwirklicht und lebte mit ihrem Lebensgefährten auf dem Hof der Schwiegereltern. Natürlich machte die unvermeidliche Frage auch vor mir nicht halt: "Und Du, Nina, habt Ihr auch Nachwuchs ?" Der kleine, dralle Egbert strahlte mich an. "Selbstverständlich", nickte ich. "Und Du ? Auch schon Papa ?" grinsend schaute ich ihn an. Ich wollte Zeit gewinnen, obwohl ich in dem Moment gar nicht wusste wofür. Ein vages Gefühl machte sich in mir breit, ließ sich aber (noch) nicht greifen. "Wir, meine Frau und ich haben bereits drei ein halb, das vierte ist unterwegs", fügte er grinsend hinzu. 👶👶👶
"Und was ist mit Deinen ?" Berti ließ nicht locker. Krampfhaft versuchte ich, meine genervte Haltung zu verbergen, als mir urplötzlich eine Eingebung kam. "Moment, wo sind sie denn ?" murmelte ich vor mich hin, während ich in meinem großen Lederbeutel kramte. "Ja, ich habe sie", meinte ich strahlend und zückte mein Smartphone. "Wir haben zwei Jungs". Zum Glück hatte ich von unseren Goldstücken ein paar Fotos geschossen. "Das sind unsere Lieblinge ! Die beiden sind ziemlich pflegeleicht", schwärmte ich und ließ die Fotos in der Runde kreisen.
Die Gesichter wurden lang, einige Mienen zuckten verdächtig. Mundwinkel klappten nach unten. Absolute Stille, alle schauten sich sprachlos an. Susanne und Dirk (der "Heldentenor", er schmetterte in den Pausen immer irgendwelche Titelmelodien bekannter Opern) und unsere "Psychologin" (Susanne outete sich als emsige Streitschlichterin) fanden als erste ihre Fassung wieder und fingen schallend an zu lachen. Was ist an den beiden Burschen so erheiternd ? Sie waren einfach goldig. Unsere beiden Buchsbäumchen in der Größe von Kleinkindern. Sie stellten tanzende Bärchen dar und zierten unseren Garten. Plötzlich brach eine Woge lauter Heiterkeit über uns herein. Minutenlanges Gelächter unterbrach unsere angeregte Unterhaltung. Ab diesem Zeitpunkt war ich vor der Fragerei sicher. 👌 Endlich konnte ich mich entspannt zurück lehnen und wurde nie wieder mit der Kinderfrage genervt, bis ich zum späteren Zeitpunkt stolz die Fotos von unserer Tochter präsentierte.
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