Ist ein Mann sorgsam im Umgang mit seiner Gesundheit, beweist er Verantwortung und Weitsicht. Einfache Vorsorgemaßnahmen, die nicht viel kosten, erweisen sich bereits im Alltag als äußerst wirkungsvoll. Ein Herr des "äußerst späten Mittelalters" (vor mir "Papa" genannt) hat sich das Prinzip "kleine Ursache, große Wirkung" zu eigen gemacht in der Hoffnung auf baldigen Erfolg.
"Schön, dass Ihr da seid", begrüßte uns meine Mutter und bat uns herein. "Habe gerade ein neues Kuchenrezept ausprobiert. Wenn es bei Euch passt, seid Ihr zum Probieren herzlich willkommen", mit diesen Worten hatte sie uns kurzfristig zum Kaffee eingeladen. Die Ergebnisse ihrer Backkunst, egal ob Torte, Topfkuchen oder Kekse konnten sich durchaus sehen lassen. Das ließen der Gatte und ich uns nicht zweimal sagen und spielten gern wieder Proband bzw. Probandin. Wir freuten uns auf ein neues Geschmackserlebnis.
"Setzt Euch schon mal, Papa kommt gleich". Sie stellte den Kristallteller mit dem Napfkuchen mitten auf den Eßtisch. Eine zum Geschirr farblich abgestimmte Serviette schmückte seinem Hohlraum. Sehr schön. "Papa, Du heute keinen Kuchen ?" Ich war irritiert und konnte mich beim besten Willen nicht an eine Unverträglichkeit von Süßem bei ihm erinnern. "Ab heute werde ich mich sehr vernünftig ernähren und mehr für meine Gesundheit tun", erklärte er bestimmt und verschwand in der nebenliegenden Küche. Dort hörte ich ihn ramentern. Meine Mutter sah den Gatten und mich augenrollend an, während sie uns mit Kuchenstücken und Kaffee versorgte. Ihr Blick sprach Bände. "Isst Du denn gar nichts ?" rief ich nach nebenan. Diät brauchte mein alter Herr nun wirklich nicht halten, ich kenne ihn nur "schlank". "Für mich keinen Kaffee", bestimmt schob er die Tasse ein Stück von sich weg und stellte direkt vor sich die große Dose auf. Ich glaubte, meinen Augen kaum zu trauen. "Ich werde umdenken", mit diesen Worten ließ er sich offensichtlich den Inhalt schmecken. Meine Mutter zuckte nur mit den Schultern. Auf mich wirkte es so urkomisch, dass ich spontan ausplatzte. Mein Vater hatte die große Dose ( keine Keksdose etwa !) ... eine Konserve geöffnet und löffelte mit einem Esslöffel ungerührt die eingemachten Tomaten daraus, während wir den duftenden Kuchen und frisch gebrühten Kaffee genossen.
🍆 🍅 🌽
"Dein Vater hat neulich in einer Apothekenzeitschrift gelesen, daß Tomaten in jeglicher Form gesund sind", erklärte meine Mutter. Auch sie konnte sich ein leichtes Grienen nicht versagen. "Reine Vorbeugungsmaßnahme", fügte mein alter Herr mit todernster Miene hinzu und setzte an, uns einen wissenschaftlichen Vortrag von wertvollen Inhaltsstoffen des roten Gemüses und dessen Wirkung auf den menschlichen Körper zu halten. Den genauen Wortlaut kann ich leider nicht wiedergeben, dazu war ich viel zu amüsiert. Immer wieder musste ich mir einen Lachanfall verkneifen. Eine Bemerkung konnte ich mir allerdings nicht versagen: "Ein gesteigerter Tomatenkonsum bremst demnächst einen kompletten Berufszweig aus: Ärzte werden überflüssig und die Tomaten-verarbeitende Industrie erlebt Aufschwünge ohne gleichen ..." und schüttelte mich vor Albernheit. Diese kam nicht wirklich gut. "Du hast ja überhaupt keine Ahnung und" blaffte er mich an. Den Rest seiner Predigt verschluckte er. "Papa, ich weiß doch, dass Tomaten gesund sind", erwiderte ich, etwas besänftigend. Aber das Bild meines Tomaten löffelnden Vaters, mit der großen Konservendose in der Hand, noch dazu an einer eingedeckten Kaffeetafel, war eindeutig zuviel für mich. Kurzzeitig war mein alter Herr ein wenig verstimmt. Vermutlich sah er im wahrsten Sinne rot (nicht wegen der Tomaten, eher wegen meines Ausspruchs ...) 😡
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